Hürden und Bürden bei IT-Dienstleistungsverträgen Für KMU gehören IT-Dienstleistungsverträge zum geschäftlichen Alltag. Dabei werden komplexe Sachverhalte vertraglich geregelt. Von der Installation der richtigen Software über die Wartung und Instandhaltung fliessen verschiedene Elemente in den IT-Dienstleistungsverträgen ein. Daneben gelten auch noch die AGB. Wenn etwas schiefläuft, ist die Rechtslage oftmals unklar. Nachfolgend werden die wichtigsten Tipps und Tricks zusammenfasst, welche KMU beim Abschluss von IT-Dienstleistungsverträgen berücksichtigen sollten, denn es kann jeden treffen.

Für KMU gehören IT-Dienstleistungsverträge zum geschäftlichen Alltag. Dabei werden komplexe Sachverhalte vertraglich geregelt. Von der Installation der richtigen Software über die Wartung und Instandhaltung fliessen verschiedene Elemente in den IT-Dienstleistungsverträgen ein. Daneben gelten auch noch die AGB. Wenn etwas schiefläuft, ist die Rechtslage oftmals unklar. Nachfolgend werden die wichtigsten Tipps und Tricks zusammenfasst, welche KMU beim Abschluss von IT-Dienstleistungsverträgen berücksichtigen sollten, denn es kann jeden treffen.

Stellen Sie sich folgende Situation vor: Im Jahr 2010 wechseln Sie ihr CRM. Ihnen wurde ein vertrauenswürdiger Partner für das Hosting und Betrieb vorgeschlagen, mit welchem Sie dies dann umsetzen. Mit dem Umzug der Büroräumlichkeiten haben Sie sich entschlossen auch die Buchhaltungssoftware, vom selben Anbieter, mit dem Ziel dies ab 2012 extern zu betreiben, auf Hosting umzustellen.

Dann entstehen erste Probleme durch den Abgang des CRM-Wissensträger-Mitarbeiters des Outsourcing-Partners. Das CRM funktionierte nicht mehr reibungslos und kann nicht als echtes CRM-Tool eingesetzt werden – Sie können es mehr oder weniger nur noch als einfache Datenbank nutzen: Unter anderem funktionierte die Integration mit Outlook nicht mehr. Bei der Buchhaltung gibt es dann Probleme bezüglich der Einführung der Auftragsabwicklung.

Sie haben mehrmals darauf hingewiesen und die Zusammenarbeit funktionierte nicht so wie dies in einer Partnerschaft sein sollte. Nachdem Sie von Ihrem «Partner» eine Offerte für Softwaremiete verlangten, da dies günstiger kommt, stellte er sich quer und beharrte darauf, eigene Server, die er Ihnen vermietete, weiter zu betreiben. Sie haben sich dann entschlossen die Buchhaltung-Software über einen anderen Partner in Miete zu beziehen, worauf dann kurz danach auch das Hosting der CRM-Lösung zu einem anderen Partner verlegt wurde.

Da haben Sie festgestellt, dass Updates an der CRM-Lösung trotz Wartungsvertrag nicht vorgenommen wurden und dadurch die eigentlichen Nutzungsprobleme entstanden sind. Beim neuen Anbieter mussten Sie die Updates in der Höhe mehrere tausend Franken begleichen.

Dies bewog Sie, die Problematik genauer anzuschauen und Sie stellten fest, dass Ihnen Leistungen verrechnet wurden, die über die Verträge abgegolten gewesen wären.

Was tun?

Sie informierten den ehemaligen «Partner», dass Ihnen durch sein Verhalten ein Schaden in mehreren zehntausend Franken entstanden sei. Darauf antwortete er nur: «Ich habe Dir meinen Standpunkt mitgeteilt, und wenn Du gerne den Rechtsweg beschreiten willst so kannst Du das gerne tun. An dieser Stelle vermerke ich, dass wir hier bestens versichert sind. Unsere Firma hat nichts unterlassen.“

Also nochmals, was tun?

Eine Möglichkeit besteht darin, diesen Fall der „law clinic“ der ZHAW, Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften zu melden. Studierende des Bachelorstudiengangs Wirtschaftsrecht bieten – unter der Aufsicht von Rechtsanwälten – kostenlose Rechtsberatung für Unternehmen an. Die Studierenden wenden die erlernten Grundlagen praxisorientiert an und sammeln dabei Erfahrungen mit «echten» Fällen.

Im Nachfolgenden sind Ausführungen der ZHAW wie dieser Fall ablaufen kann:

1. IT-Dienstleistungsvertag in der Praxis

 Die Fallkonstellationen in der Praxis sind vielfältig, dennoch zeigt sich häuft ein ähnliches Muster. Als Beispielfall soll der Abschluss eines IT-Dienstleistungsvertrages zwischen Unternehmen A und Softwareanbieter Z dienen:

– Unternehmen A und Softwarefirma Z schliessen einen IT-Dienstleistungsvertrag ab. Darin hat sich Softwarefirma Z unter anderem zur Lieferung von Updates der Software und deren Installation, sowie zur Behebung von Störungen und Fehlern und zur technischen Unterstützung vertraglich verpflichtet.
– In der Folge ergeben sich Probleme bei der Lieferung der Updates durch Softwarefirma Z. Die Software funktioniert nicht mehr richtig und Unternehmen A erleidet finanzielle Einbussen. Letzten Endes wird der Vertrag gekündigt.

Für Unternehmen A eine schwierige Situation. Es stellt sich insbesondere die Frage nach der Haftung bzw. Schadenersatz.

2. Law-Clinic als erste Anlaufstelle

Die Law-Clinic der ZHAW versucht auf zwei wesentliche Bedürfnisse zu reagieren: Einerseits möchten Studierende ihr erlerntes Wissen anwenden und in der Praxis umsetzen. Andererseits gibt es in der Praxis immer wieder Rechtsstreitigkeiten, die aufgrund des geringen Streitwerts von Anwälten nicht betreut werden und somit unbehandelt bleiben. Hier braucht es kreative Lösungsansätze: Deshalb hat die ZHAW das Projekt Law-Clinic ins Leben gerufen.

 Unternehmen A meldet also den Fall bei der Law-Clinic der ZHAW. Der Beratungsablauf läuft nach folgendem Muster ab:

(1) MELDUNG: Eingang Ihres Falles bei Law-Clinic
(2) PRÜFUNG: Kurze Tauglichkeits-Prüfung des Falles durch Law-Clinic
(3) INFORMATION: Mitteilung an Klienten über das weitere Vorgehen
(4) ASSESSMENT: Analyse des Rechtsproblems durch die Law-Clinic
(5) BERATUNG: Mündliche Mitteilung der Ergebnisse an den Klienten

Unternehmen A hat daraufhin ein erstes Assessment der Situation erhalten:

Vertragsqualifikation: Es handelt sich beim IT-Dienstleistungsverträgen um einen Innominatvertrag mit grösstenteils auftragsähnlichen Elementen, aber auch werkvertraglichen Aspekten.

Die AGBs von Softwarefirma Z kommen zu Anwendung, es sind aber Vorbehalten zu machen:

Ungewöhnlichkeitsregel: Bestimmungen, die unüblich sind, erlangen keine Gültigkeit gegenüber der schwächeren oder unerfahrenen Partei, wenn nicht besonders darauf hingewiesen wurde. Unüblich sind Bestimmungen, mit denen die schwächere Partei beim Vertragsschluss nicht rechnen musste.

Unklarheitenregel: Wenn eine Bestimmung in den AGB unklar oder zweideutig ist, muss sie so ausgelegt und verstanden werden, wie sie für die schwächere Partei vorteilhafter ist.

Vertragsverletzung: Während der Vertragsdauer wurden keine Updates der Software durch die Softwarefirma Z installiert. Dies entspricht einer Nichterfüllung des Vertrages. Es kann nach Art. 102ff. OR vorgegangen werden.

Schaden: Unternehmen A macht im Zusammenhang mit den nicht vorgenommenen Updates vor allem Mehraufwand geltend, welcher erhöhte Passiven zur Folge hatte.

 3. Empfehlungen zum weiteren Vorgehen

Aufgrund der Ausgangslage stehen Unternehmen A verschiedene Möglichkeiten zum weiteren Vorgehen zur Verfügung:

Aussergerichtliche Lösung als erste Möglichkeit:

– Aussergerichtliche Einigung: Die vorliegende Korrespondenz zwischen den Unternehmen liess darauf schliessen, dass eine aussergerichtliche Einigung nicht in Frage kommt.

– Betreibung: Betreibungen können für ein Unternehmen unangenehm sein. Unternehmen A könnte deshalb versuchen, Softwarefirma Z auf dem Wege der Betreibung zur Zahlung des geforderten Schadenersatzes oder zu einer aussergerichtlichen Einigung zu bewegen.

 Schlichtungsbehörde als zweite Möglichkeit:

– Schlichtungsbehörde: Eine Zivilstreitsache muss zuerst vor der Schlichtungsbehörde verhandelt werden, damit eine Klagebewilligung ausgestellt werden kann.

– Gebühr: die Gebühr für ein Schlichtungsverfahren mit einem Streitwert von ca. CHF 50’000 beläuft sich auf CHF 300-600.

– Im Schlichtungsverfahren müssten schätzungsweise 5-10 Stunden zum vereinbarte Stundenansatz aufgewendet werden.

– Parteientschädigung. In Schlichtungsverfahren werden i.d.R. keine Parteientschädigungen ausgesprochen.

– Ein Schlichtungsverfahren dauert voraussichtlich zwischen 1 bis 2 Monaten.

Gerichtliche Durchsetzung als dritte Möglichkeit:

– Das Gericht kann von der klagenden Partei, das Unternehmen A, einen Vorschuss bis zur Höhe der mutmasslichen Gerichtskosten verlangen.

– Im Verfahren vor Kantonsgericht müssten zusätzlich schätzungsweise 10 20 Stunden zum abgemachten Stundenansatz aufgewendet werden.

– Gerichtsgebühr. Die Entscheidgebühr im ordentlichen Verfahren beläuft sich bei einem Streitwert von ca. CHF 50’000 auf CHF 2’400 bis 4’000.

– Gerichtsverfahren vor Kantonsgerichten würde voraussichtlich eine Zeitdauer von 4 Monaten bis 18 Monaten in Anspruch nehmen.

 


Law Clinic ZHAW
Studierende des Bachelorstudiengangs Wirtschaftsrecht bieten –
unter der Aufsicht von Rechtsanwälten – kostenlose Rechtsberatung für Unternehmen an. Die Studierenden wenden die erlernten Grundlagen praxisorientiert an und sammeln dabei Erfahrungen mit «echten» Fällen.
Kontakt:
Dr. Fabio Babey
ZHAW School of Management and Law
Gertrudstrasse 15
8401 Winterthur

 

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